Sahra Wagenknecht

Neorientierung bei öffentlichen Finanzen nötig!

Rede in der Plenardebatte des Europäischen Parlaments am 25.04.07 über die öffentlichen Finanzen in der Wirtschafts- und Währungsunion (Bericht Lauk A6-76/07)

25.04.2007

Der zur Abstimmung vorliegende Bericht geht in die falsche Richtung. Er vergibt die Chance, die dringend notwendige Kurskorrektur bei den öffentlichen Finanzen in der Wirtschafts- und Währungsunion zu befördern.

Es findet sich in ihm kein Wort der Kritik an einer Politik der EZB, die ausschließlich auf Preisstabilität setzt und damit die Wachstumspotenziale in der EU bremst und behindert.

Den Haushaltspolitikern in den Mitgliedsländern werden in dem Bericht allein Einsparungen empfohlen, um die Defizite zu senken. Kein Wort zum desaströsen Steuerwettbewerb in der Europäischen Union. Mit der weiteren Absenkung der Unternehmsteuersätze in Deutschland erleben wir gerade eine neue Runde in diesem Dumpingwettlauf. Es liegt auf der Hand, dass die öffentlichen Finanzen in den Mitgliedsländern sehr viel besser dastünden, wenn Reiche und Vermögende und vor allem die riesige Gewinne einfahrenden multinationalen Unternehmen endlich angemessen zur Kasse gebeten würden, statt sie steuerlich immer mehr zu entlasten.

Der Bericht spart hingegen nicht mit Vorschlägen für eine neoliberale Ordnungspolitik. So wird etwa eine Neuausrichtung der öffentlichen Ausgaben mit Hilfe der Gründung öffentlich-privater Partnerschaften auch im Bereich der Bildung gefordert. Koste es was es wolle, soll so ein weiterer zentraler Bereich der Daseinsvorsorge dem Profitprinzip geopfert werden!

Auch die in dem Bericht erhobene Forderung "dass die Mitgliedstaaten bis zum Jahre 2015 eine staatliche Nerverschuldung für verfassungs- bzw. gesetzwidrig erklären", ist schlicht abenteuerlich. Würde ein solches Verbot durchgesetzt werden, so würde dies zu einer Strangulierung jeglicher Haushaltspolitik führen.

Mit dem Bericht wurde die Chance vergeben, eine Politik auf europäischer Ebene zu befördern, die sich an einer sozial gerechten und solidarischen Entwicklung orientiert. Meine Fraktion wird ihn daher ablehnen.