"Der Mindestlohn treibt die Menschen in Armut"
Interview mit Sahra Wagenknecht und Bernd Raffelhüschen, erschienen auf ZEIT online am 25.03.2014
Kann der Mindestlohn Altersarmut in Deutschland reduzieren? Die Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht und der Ökonom Bernd Raffelhüschen streiten über richtige Konzepte.
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ZEIT ONLINE: Der Mindestlohn gilt vielen als effektives Instrument gegen Altersarmut. Zu Recht?
Wagenknecht: Die Bundesregierung hat einmal ausgerechnet, dass mindestens zehn Euro nötig wären, um bei Vollzeitarbeit nach 45 Jahren eine Rente oberhalb der Grundsicherung zu erreichen. Die jetzt geplanten 8,50 sind deutlich zu niedrig.
Raffelhüschen: Tatsächlich treibt der Mindestlohn die Menschen in Armut. Viele, die im Moment über den Niedriglohnsektor in die normale Arbeitswelt einsteigen, sind für den Mindestlohn schlicht nicht produktiv genug. Sie bleiben in Hartz IV. Die Schätzungen gehen von 500.000 bis zu einer Million Menschen.
Wagenknecht: Diese Horrormärchen der Arbeitgeberlobby sind längst widerlegt! Unser Mindestlohn liegt deutlich unter dem in Nachbarländern wie Belgien, Frankreich oder Luxembourg. Auch mit 8,50 Euro Mindestlohn bleiben wir nach Litauen das Land mit dem größten Niedriglohnsektor in Europa. Tatsächlich kann ein Mindestlohn sogar Jobs schaffen, weil die Menschen dann auch mehr Güter nachfragen.