Sahra Wagenknecht

Wir sagen Nein

Gastkommentar von Sahra Wagenknecht, erschienen in der Tageszeitung "jungen Welt" am 07.05.2010

07.05.2010
Sahra Wagenknecht

Die Linke lehnt das Gesetz der Bundesregierung zum Hilfspaket für Griechenland aus zwei Gründen ab. Erstens: Das Gesetz von CDU und FDP setzt nicht einmal im Ansatz an den Ursachen der Krise an. Die dringlichste Ursache, die es unmittelbar zu bekämpfen gilt, ist die Spekulation an den Finanzmärkten gegen die Zahlungsfähigkeit Griechenlands. Die ist völlig irrational. Griechenland ist nicht pleite, es wird aber von Finanzmogulen – Hedgefonds, Großbanken und Vermögenden –mit Hilfe sogenannter Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) gezielt in den Bankrott getrieben. Ein Rettungspaket, das unmittelbare Hilfe verspricht, hätte deshalb unbedingt ein vollständiges Verbot dieser Kreditausfallversicherungen beinhalten müssen. Dies zeigt erst recht die Entwicklung der vergangenen Tage. Kaum ist ein Rettungspaket für Griechenland geschnürt, setzten die Spekulanten neue Gerüchte in die Welt: Das Hilfspaket würde nicht ausreichen. Portugal und Spanien würden auch Hilfe benötigen. Die Folgen: Die Kosten für griechische Staatsanleihen schießen weiter in die Höhe und der Wert des Euro stürzt, weil die Lügenbarone an den Finanzmärkten ihr »Spiel« ungehindert fortsetzen können. Heute Griechenland, morgen Portugal, übermorgen Spanien und Italien.

Zweitens: Das für Griechenland vorgesehene Sparpaket ist ein Angriff auf den sozialen Zusammenhalt der griechischen Gesellschaft und der EU insgesamt. Die Hauptlast des Sparpakets sollen abhängig Beschäftigte und Rentnerinnen und Rentner tragen. Griechenlands Aufrüstung wird jedoch nicht angetastet: An Rüstungsimporten aus Deutschland soll nicht gespart werden. Die geplanten Lohn- und Rentenkürzungen werden aber die ohnehin am Boden liegende griechische Volkswirtschaft zum Kollabieren bringen. Der IWF als Federführer des Sparpakets sagt schon jetzt für dieses und nächstes Jahr ein negatives Wirtschaftswachstum für Griechenland voraus. Davon sind dann erneut die Staatseinnahmen betroffen. Die Kluft zwischen Griechenland und Ländern wie Deutschland wird sich so weiter vergrößern, die damit verbundene Not für die griechische Bevölkerung und die Zerstörung von Wachstum und Beschäftigung nehmen unter diesen Voraussetzungen zu und nicht ab.

Es darf nicht sein, daß Griechenland und weitere Länder jetzt kaputtgespart werden sollen! Dabei liegt die Alternative auf der Hand: Kreditausfallversicherungen müssen verboten und, Banken und Hedgefonds sowie Vermögende zur Finanzierung herangezogen werden. Schließlich müssen die eigentlichen »Defizitsünder« wie Deutschland, die durch ihr Lohn- und Steuerdumping andere Länder mit ins Defizit getrieben haben, ihre Wirtschaftspolitik ändern, hin zu einer produktivitätsorientierten Lohnpolitik und einer höheren Besteuerung hoher Einkommen und Vermögen.

Sahra Wagenknecht ist wirtschaftspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke im Bundestag