Sahra Wagenknecht

Privatisierung ist keine Lösung!

Erklärung von Sahra Wagenknecht zum Verkauf kommunaler Wohnungen in Halle

10.12.2007

Zum Verkauf kommunaler Wohnungen in Halle erklärt Sahra Wagenknecht, Mitglied des Vorstands der Partei DIE LINKE:

Darf DIE LINKE unter bestimmten Bedingungen einer Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften zustimmen? Über diese Frage wird nicht erst seit gestern heftig gestritten. Beispiel Dresden: Dort wurde im März 2006 der gesamte städtische Wohnungsbestand für netto 981,7 Mio. Euro an den US-Finanzinvestor Fortress verkauft. Dank dieses Mega-Deals konnte sich Dresden als erste „schuldenfreie" deutsche Großstadt feiern lassen. Die katastrophalen Folgen einer solchen Privatisierungspolitik, die bekanntlich auch von Stadträten der Linkspartei mitgetragen wurde, sind jedoch offensichtlich. Um die Profiterwartung des Investors zu erfüllen, werden Mieten erhöht und Kosten für Instandhaltung gesenkt - was vor allem ärmere Bevölkerungskreise trifft, die auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen sind. Hinzu kommt, dass man durch den Verkauf von 48.000 Wohnungen und 1.300 Gewerbe-Immobilien ein zentrales Instrument aus der Hand gegeben hat, mit dem die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Stadt demokratisch gesteuert und wachsender Armut und sozialer Ausgrenzung entgegengewirkt werden konnte.

Ende November hat nun die Stadt Halle den Beschluss gefasst, Wohnungen, Grundstücke und Anteile an Wohnungsbaugesellschaften im Wert von insgesamt 335 Mio. Euro zu verkaufen. Mit der Begründung, dass ein solcher Verkauf nötig sei, um den kommunalen Haushalt zu sanieren und eine drohende Zwangsverwaltung der Stadt abzuwenden, hat auch DIE LINKE in Halle diesem Beschluss zugestimmt. Sicher, die Entscheidung von Halle ist mit der von Dresden nur sehr begrenzt vergleichbar. So macht es einen großen Unterschied, ob man – wie in Dresden – den gesamten kommunalen Wohnungsbestand einer Heuschrecke zum Fraß vorwirft oder ob man – wie in Halle – Anteile an zwei Wohnungsbaugesellschaften an Genossenschaften oder ortsansässige Unternehmen veräußern will.

Dennoch dürfte die Entscheidung für den Verkauf von kommunalen Wohnungen in Halle politisch falsch sein. Schließlich sind die Finanznöte der Kommunen ein Ergebnis verfehlter Steuerpolitik und sie werden durch den Ausverkauf öffentlichen Eigentums nicht beseitigt, sondern auf lange Sicht sogar verschärft! Auch kann niemand wirklich kontrollieren, wo eine einmal eingeleitete Privatisierung nach möglichen Weiterverkäufen - für die es natürlich auch immer "zwingende Gründe" gibt - schließlich endet. Außerdem: Da ein „Verkauf des Tafelsilbers" an den strukturellen Ursachen der Verschuldung nichts ändert, wird die Stadt vermutlich bald wieder mit denselben Finanzproblemen konfrontiert sein. Mit dem Unterschied, dass die demokratischen Spielräume und Handlungsmöglichkeiten dann noch geringer sein werden.

Noch schwerer wiegt, dass die Hoffnungs- und Ratlosigkeit in der Bevölkerung durch eine Politik der Unterwerfung unter vermeintliche Sachzwänge gefördert wird. Linke Politik kann jedoch nur erfolgreich sein, wenn es ihr gelingt, massenhaften Widerstand gegen die neoliberale Bereicherungspolitik zu organisieren! Eine Partei wie DIE LINKE darf sich nicht mit der Verwaltung öffentlicher Armut begnügen und sie sollte in ihrer Politik - bei allen möglicherweise notwendigen Kompromissen - erkennbar für bestimmte Grundsätze einstehen. Die Ablehnung des neoliberalen Privatisierungswahns gehört dazu. Es ist auf Dauer nicht glaubwürdig, auf Bundesebene eine Antiprivatisierungskampagne zu beschließen und im Bundestag gegen die Privatisierung der Deutschen Bahn zu opponieren, wenn man zugleich kommunalpolitisch selbst immer wieder als Mitunterstützer von Privatisierungen in Erscheinung tritt.

Geld ist in Deutschland genug da – man muss es nur dort holen, wo es im Überfluss vorhanden ist: Bei den Konzernen und Vermögensbesitzern, die in den letzten Jahren von milliardenschweren Steuergeschenken profitiert haben! Zwar fällt die Entscheidung über solche Steuern auf bundespolitischer Ebene. Aber gegen die Lüge vom Sparzwang und gegen die Verantwortlichen für grassierende öffentliche Armut Widerstand zu mobilisieren ist Aufgabe der LINKEN, wo immer sie politisch wirkt.