Sahra Wagenknecht

"Kein Cent aus dem sogenannten Rettungspaket wird bei der griechischen Bevölkerung ankommen"

Persönliche Erklärung von Sahra Wagenknecht zur Abstimmung über das zweite Griechenlandpaket im Bundestag am 27.02.2012

27.02.2012

Gemeinsam mit meiner Fraktion DIE LINKE. habe ich heute gegen das Griechenland-II-Paket gestimmt, weil es sich hierbei um einen weiteren Rettungsring aus Blei handelt. Statt Griechenland zu helfen, wird die griechische Wirtschaft kaputtgespart und die Bevölkerung in die Armut getrieben. Zum Beispiel soll der Mindestlohn in der Privatwirtschaft um 22 bis 32 Prozent gekürzt werden, bis 2015 sollen 150.000 Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst vernichtet und in großem Stil öffentliches Eigentum verscherbelt werden. Dabei wird kein Cent aus dem sogenannten „Rettungspaket" bei der griechischen Bevölkerung ankommen, da die Kredite über ein Sperrkonto direkt an die Gläubiger weitergereicht werden. Statt die Eurokrise politisch zu lösen wird die Zukunft Europas in die Hände großer Finanzkonzerne gelegt und die Demokratie ausgehebelt.

An einen Erfolg des angeblichen „Rettungspakets" glauben nicht einmal die Retter selbst. So geht die Troika aus Europäischer Zentralbank, Internationalem Währungsfonds und EU-Kommission davon aus, dass das Ziel, die griechischen Staatsschulden bis 2020 auf einen Anteil von 120 Prozent des BIP zu reduzieren, voraussichtlich nicht erreicht wird. Auch Finanzminister Schäuble hält es für möglich, dass auf das zweite „Rettungspaket" für Griechenland noch weitere folgen werden.

Schon das erste Rettungspaket für Griechenland war nur ein Rettungspaket für die Banken. Von den 73 Milliarden Euro, die seit Mai 2010 aus dem ersten Hilfspaket an Griechenland ausgezahlt worden sind, flossen 2010 und 2011 rund 70 Milliarden durch Zins- und Tilgungszahlungen direkt in die Hände von Banken und anderer privater Gläubiger. Zusätzlich kaufte die Europäische Zentralbank und einige nationale Notenbanken den Banken und privaten Gläubigern Anleihen im Wert von ca. 70 Milliarden Euro ab. Auf diese Weise konnten sich Banken, Versicherungen, Hedgefonds und Besitzer großer Vermögen bereits zu einem großen Teil aus der Verantwortung ziehen. Gleichzeitig wurden den Steuerzahlern in der Eurozone immer höhere Risiken aufgebürdet. Da der geplante Schuldenschnitt von 53,5 Prozent völlig unzureichend ist und die wachstumsfeindliche Kürzungspolitik weitergeht, wird Griechenland früher oder später einen noch größeren Schuldenschnitt brauchen, der fast ausschließlich die Steuerzahler treffen wird.

Statt die Misere immer weiter zu verschärfen fordern wir, dass die öffentlichen Haushalte der Eurozone von den Finanzmärkten abgeschirmt werden. Eine öffentliche Bank sollte den Staaten zu denselben Konditionen Kredit einräumen, zu denen auch die Banken bei der EZB Kredite erhalten. Dies würde der Spekulation gegen einzelne Eurostaaten ein Ende bereiten und die Zinsen für die öffentliche Hand deutlich senken, da die Zinsmarge für die privaten Banken entfallen würde. Eine solche Abkopplung der Staatfinanzierung von den Finanzmärkten macht auch einen harten Schuldenschnitt möglich, ohne dass die Eurokrise eskaliert und Staaten wie Portugal, Irland oder Spanien unter Druck geraten. Im Fall Griechenlands muss der Staat von 75 Prozent seiner Schulden befreit werden. Ein solch harter Schuldenschnitt für Griechenland hätte zwar die Folge, dass einige europäische Banken rekapitalisiert werden müssten. Diese Rekapitalisierung könnte man aber dazu nutzen, um die privaten Großbanken dauerhaft in öffentliche Hand zu überführen und streng zu regulieren. Um zu vermeiden, dass durch die Kosten für die Rekapitalisierung und Verstaatlichung der Banken die Bevölkerung belastet wird, müsste eine europäische Vermögensabgabe für Millionäre eingeführt werden. Neben der einmaligen Abgabe sind eine Millionärssteuer, eine Finanztransaktionssteuer, sowie eine sozial gerechte Steuerreform notwendig, um ein europaweites Investitionsprogramm zu finanzieren. Dieses sollte in erster Linie dazu dienen, strauchelnde Wirtschaften wie die griechische zu unterstützen. Schließlich muss Deutschland geeignete Maßnahmen zur Stärkung der eigenen Binnennachfrage ergreifen. Nur so lässt sich die Exportfokussierung überwinden, die eine Ursache dafür ist, dass die Wirtschaft Griechenlands niederkonkurriert worden ist.

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