Sahra Wagenknecht

"Kämpfen, nicht kungeln"

Interview mit Sahra Wagenknecht, erschienen in der Leipziger Volkszeitung am 22.09.2011

22.09.2011
Interview: Dieter Wonka

Was wurden Sie früher los: Ihren Ruf als Hummerkommunistin oder als Rotes Teufelchen?

Das sind doch alles platte Klischees. Wer sich mit der Sache beschäftigt, weiß, dass ich, wie die Linke generell, vernünftige Vorschläge mache, wie man aus dem Desaster der Euro-Krise herauskommen kann. Das unterscheidet uns von der herrschenden Politik. Die spielen nur auf Zeit. Man muss, wenn man über Schulden redet, auch über Vermögen sprechen.

Die Linke hat schon genug Probleme. Weshalb schaffen Sie mit der erwogenen Fraktionschefin-Kandidatur ein neues?

Ich habe weder die Absicht, Probleme zu schaffen noch vorzeitig irgendwelche Kandidaturen anzumelden. Die Linke muss über ihre politischen Positionen reden und nicht über Personalien. Aber wenn eine Funktion tatsächlich vakant ist - ich unterstütze es, dass es eine Doppelspitze in der Bundestagsfraktion gibt - dann muss man sich natürlich auch verständigen, wer sie übernehmen soll.

Treten Sie nur an, wenn Sie flügelübergreifend Rückhalt finden und haben Sie das so mit ihrem Förderer Lafontaine besprochen: Die junge Wagenknecht als letzte Rettung einer veralteten Partei?

Ich werde mich natürlich mit Gregor Gysi und anderen Fraktionskollegen besprechen und erst dann über eine Kandidatur entscheiden. Ich könnte sicher Kompetenz in Fragen der Wirtschafts- und Finanzpolitik einbringen. Das ist das zentrale Feld der politischen Auseinandersetzung in nächster Zeit. Die Gefahr einer veralteten Partei sehe ich auch jetzt nicht. Es gibt viele junge gute Leute. Was wir tatsächlich brauchen, sind mehr junge Wähler und Mitglieder. Sie erreichen wir nur mit einem frischen, oppositionellen und unangepassten Profil. Das gab es 2009, zur Bundestagswahl. Das ist keine Frage des Alters der Spitzenkandidaten. Dazu muss man konsequente Positionen vertreten und den Mut haben, sich gegen die neoliberalen Ideen aller anderen Parteien zu stellen. Die Leute müssen spüren, dass wir kämpfen und nicht kungeln.