Sahra Wagenknecht

"Sahra Wagenknecht: Wohl große Koalition"

Hildesheimer Zeitung vom 22.09.2009

24.09.2009

Berliner Spitzenpolitikerin schließt Promi-Wahlkampf ab

Hildesheim (ph). Ein Einbrecher räumt das ganze Haus leer. Dann wird er erwischt. Und der bestohlene Hausbesitzer geht hin und bittet den Täter, ihm doch Geld zu leihen, damit er sich neue Möbel kaufen kann. Diese Geschichte hat gestern Sahra Wagenknecht in Hildesheim erzählt, und sie meint die Rolle, die Politiker gegenüber den Banken spielen.

Von Feiglingen redet sie, die sich nicht trauten, das dem Staat fehlende Geld "dort zu holen, wo es sich stapelt." Von Lügnern, die sagen, ein 100-Milliarden-Programm für Bildung sei nicht finanierbar, und die doch keinen Moment gezögert hätten, mal eben 480 Mrd. Euro für die Banken lockerzumachen.

Das Kapital, räumt sie ein, habe in der Politik „Erpressungsmacht". Aber es sollte den Politikern darum gehen, diese Macht zu beseitigen. Ja, höhnt sie, dann komme von denen das Argument, das Kapital werde das Land verlassen. „Andere Länder haben eine weitaus höhere Steuer für Reiche, ohne dass die Wirtschaft zusammenbricht". Als Beispiel nennt sie Großbritannien, das jährlich 90 Milliarden Euro Vermögensteuer einnehme. Und das, ebenso wie Frankreich, Mindestlöhne habe. Hohn und Spott auch für Politiker, die von Einschränkung der Freiheit reden, wenn der Kapitalfluss reguliert werde. „Jeder Hartz-IV-Empfänger muss jede kleine Kontobewegung nachweisen – das ist eine Einschränkung der Freiheit."

Sie macht sich lustig über CDU und SPD, „die sich sogar im Fernsehen dauernd in den Armen liegen" und sagt, auch sie rechne mit einer großen Koalition nach der Wahl. „Mal sehen, ob sie sich dann trauen, die sozialen Sauereien aus ihrer Schublade umzusetzen". Allein ein größerer Stimmenanteil der Linken könne dies verhindern, denn diese stünden weitgehend allein – gegenüber einem „neoliberalen Einheitsbrei".

Mehr als eine Stunde hatten Anhänger und Interessenten auf die Politikerin gewartet. Unterhalten von Gitarrenmusik und einem gut aufgelegten Landesvorsitzenden Diether Dehm. Der hatte Quizfragen wie: „Wer hat in den vergangenen fünf Jahren vor der Wirtschaftskrise mehr Körperschaftssteuer bezahlt? Die Deutsche Bank oder der Wurstbasar hier?" Die Antwort kam unisono, und Dehm setzte noch einen drauf: Die Bank habe sogar noch mehr als 300 Millionen Euro Steuern zurückbekommen.

Sahra Wagenknechts Auftritt gestern schloss den Prominenten-Wahlkampf in Hildesheim ab. Sie ist die letzte Spitzenpolitikerin, die vor der Wahl an die Innerste gekommen ist.

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