Sahra Wagenknecht

"Kommen Sie zur Vernunft! Spalten Sie dieses Land nicht weiter!"

Rede zu Protokoll von Sahra Wagenknecht zur Impfpflicht, 17. März 2022, Deutscher Bundestag

17.03.2022

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundeskanzler!

Es ist schon frappierend: während unsere Nachbarländer nahezu alle Corona-Maßnahmen aufheben, darunter viele Länder mit niedrigerer Impfquote als Deutschland, beschäftigt sich der Bundestag im März 2022 allen Ernstes mit der Einführung einer Corona-Impfpflicht. Und das, obwohl Sie alle, auch der damalige Vizekanzler Scholz und der jetzige Gesundheitsminister Lauterbach, vor der Bundestagswahl eine Impfpflicht noch kategorisch ausgeschlossen hatten.

Und dabei sprechen heute noch weit mehr Argumente gegen eine Impfpflicht als damals. Inzwischen räumt sogar das Robert-Koch-Institut ein, dass die Impfung gar nicht davor schützt, sich und andere anzustecken. Viel zu spät wurde das zugegeben! Schon seit dem Sommer lagen wissenschaftliche Studien und empirisches Datenmaterial zu der steigenden Zahl der Impfdurchbrüche vor. Monatelang wurde trotzdem von einer „Pandemie der Ungeimpften“ geredet.

Außerdem hat Omikron den Charakter der Infektion verändert. Zwar kann die Impfung unter Umständen vor schweren Verläufen schützen, aber die gibt es bei dem nun vorherrschenden Omikron-Virus zum Glück nur noch selten. Eine Überlastung der Krankenhäuser droht deshalb nicht mehr. Und weil die Impfstoffe nicht vor einer Ansteckung schützen, können sie auch das Infektionsgeschehen nicht eindämmen. Damit entfallen alle vernünftigen Argumente für die Impfpflicht!

Man kann die Einführung einer Impfpflicht auch nicht mit der Fiktion angeblicher "Gruselmutanten" im Herbst begründen, wie es Gesundheitsminister Lauterbach tut. Das hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Niemand kann heute wissen, ob noch einmal eine gefährliche Corona-Variante auftaucht. Genauso wenig wissen wir, ob die aktuell zugelassenen Impfstoffe dann überhaupt schützen würden. Viel spricht dagegen. Deshalb sollten wir uns mit Maßnahmen auf den Herbst vorbereiten, die wirksam sind und wirklich helfen. Das wäre etwa die Beseitigung des Pflegenotstands, indem mehr Personal eingestellt und besser bezahlt wird! Die einrichtungsbezogene Impfpflicht, an der Sie ebenso starrsinnig festhalten, bewirkt allerdings das Gegenteil! Da werden jetzt Menschen auf die Straße gesetzt, die sich jahrelang mit voller Empathie und mit großem Engagement um alte oder kranke Menschen gekümmert haben. Ich finde das empörend!

Kommen Sie zur Vernunft! Spalten Sie dieses Land nicht weiter! Selbst Österreich, das einzige europäische Land neben dem Vatikan, das eine allgemeinen Impfpflicht zunächst eingeführt hatte, hat sie nach nur wenigen Wochen wieder ausgesetzt - noch bevor es zu Kontrollen kommen konnte. Die Verfassungsministerin des Landes erklärte die Impfpflicht vor dem Hintergrund der vorherrschenden Omikron-Variante für "nicht verhältnismäßig".

Also Schluss mit diesem grundgesetzwidrigen Plan! Deshalb unterstütze ich den Antrag, der sich gegen eine allgemeine Impfpflicht ausspricht!