Sahra Wagenknecht

Millionäre besteuern

Kommentar von Sahra Wagenknecht, erschienen in der Frankfurter Rundschau am 13.11.2015

13.11.2015

Die Schere zwischen Arm und Reich klafft immer weiter auseinander. Allein die 500 reichsten Deutschen besitzen zusammen etwa 654 Milliarden Euro - das ist mehr als die jährliche Wirtschaftsleistung von Griechenland, Portugal und Irland zusammengenommen. Während die ärmere Hälfte der Bevölkerung kaum über Vermögen verfügt, dürfte sich inzwischen knapp die Hälfte des Vermögens bei den Millionären und Milliardären konzentrieren, deren Zahl sich in den vergangenen 15 Jahren fast verdreifacht hat.

Für Superreiche ist Deutschland ein Steuerparadies. Die Einnahmen aus vermögensbezogenen Steuern belaufen sich auf nur 0,9 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die Vermögenssteuer wurde 1996 abgeschafft und die Erbschaftssteuer ist zu einer Bagatellsteuer geworden. Mit rund fünf Milliarden Euro trägt sie weniger als ein Prozent zum Steueraufkommen bei - nur ein Drittel so viel wie die Tabaksteuer. Je höher das Vermögen, desto größer die Steuervorteile, vor allem Milliardäre konnten ihr Vermögen fast steuerfrei vererben.

Zwar wurde die Erbschaftssteuer 2014 für verfassungswidrig erklärt, da groteske Privilegien für Firmenerben nicht mit dem Gleichheitsgrundsatz vereinbar sind. Doch die Chance, aus der Erbschaftssteuer eine ordentliche Einnahmequelle zu machen, wurde nicht genutzt und auch nach der geplanten Neuregelung können sich Firmenerben der Steuerpflicht weitgehend entziehen. Dafür können sich die Reichen bei Finanzminister Schäuble bedanken, aber auch bei der grün-roten Regierung in Baden-Württemberg, die Firmenerben sogar noch stärker schonen will.


Die extreme Vermögenskonzentration ist zu einer Gefahr für die Demokratie geworden. Auch deshalb brauchen wir eine Erbschafts- und Vermögenssteuer, die den Superreichtum abschöpft. Eine fünfprozentige Millionärssteuer würde gut 80 Milliarden Euro in die öffentlichen Kassen spülen - Geld, das im Gesundheits- und Bildungswesen dringend gebraucht wird. Selbst eine Vermögenssteuer von 0,01 Prozent hätte noch einen Nutzen: Sie würde den Staat zwingen, Vermögen wieder statistisch zu erfassen und damit den Schleier lüften, hinter dem sich sehr ungerechte Besitz- und Machtverhältnisse verbergen. Dies dürfte übrigens der Hauptgrund sein, warum sich die Superreichen und ihre Handlanger in der Politik so vehement dagegen sträuben.