Sahra Wagenknecht

Zeit für eine friedliche Wende in der deutschen Außenpolitik

Kommentar von Sahra Wagenknecht erschienen in der jungen Welt am 12.11.2015

12.11.2015

 

Die Bundeswehr versteht sich heute als eine Armee im Einsatz. 60 Jahre nach ihrer Gründung haben Union, SPD und Grüne sie zu einem »normalen« Mittel der deutschen Außenpolitik umgebaut. Krieg ist jetzt die Ultima ratio, nicht mehr wie der Friedensnobelpreisträger Willy Brandt einst formuliert hatte, die Ultima irratio. Aktuell führt die Bundeswehr nicht nur an der Seite der USA Krieg in Afghanistan, sondern beteiligt sich mit Tausenden Soldaten auch an den NATO-Manövern, bei denen Kriege außerhalb des NATO-Bündnisgebiets geübt werden. Von einer Verpflichtung auf Territorialverteidigung hat sich die Bundeswehr weit entfernt. Der Umbau der Bundeswehr zur Interventionsarmee, wie schon die Entscheidung zu ihrer Aufstellung 1995, vollzog sich gegen den Willen und den Widerstand einer großen Mehrheit der Bevölkerung.

60 Jahre Bundeswehr und ihre Ausrichtung auf eine Armee im Krieg sollten Anlass genug sein, endlich die Bevölkerung in Deutschland zur grundlegenden Ausrichtung der Bundeswehr und der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik zu befragen. Wenn sich die anderen Parteien ihrer Sache so sicher sind, dürfte es ja keinen Widerstand gegen eine Volksabstimmung geben, bei der entschieden wird, ob die Bundeswehr weiterhin in Auslandseinsätze geschickt werden soll und ob auch weiterhin geopolitische Interessen und die Profite von Rüstungsunternehmen mit einer schier schrankenlosen Genehmigungspraxis des Bundessicherheitsrats befördert werden sollen. Es ist Zeit für eine friedliche Wende in der deutschen Außenpolitik.