Sahra Wagenknecht

"Unter Kohl war vieles besser"

Interview mit Sahra Wagenknecht, erschienen in The European am 15.04.2014

23.04.2014

Sahra Wagenknecht ist der Kopf der Opposition. Wie steht es um das Land, wenn eine Linken-Ikone den schwarzen Kanzler Helmut Kohl lobt und SPD-Anhängern rät, Angela Merkel zu wählen? Sebastian Pfeffer und Thore Barfuss führen das Gespräch über den Zustand der Republik.

The European: Frau Wagenknecht, mit Helmut Kohl verbinden wir die Wende, mit Gerhard Schröder die Agenda – welches Vermächtnis wird Angela Merkel hinterlassen? Wagenknecht: Zeit kaufen und sich Durchmogeln. Angela Merkel hat kein großes Projekt, ihre Regierungen haben nur den Status Quo verwaltet und Probleme weggeredet statt gelöst. Die Kanzlerin hat keinen Entwurf für die Zukunft. Sie ist trotzdem sehr populär, weil sie – im Unterschied zu Schröder – auch nicht für spürbare soziale Kürzungen verantwortlich gemacht wird.

The European: Aus zwölf Jahren soll gar nichts bleiben? Wagenknecht: Man kann sagen: besser Nichtstun als mit der Axt Sozialabbau betreiben. Solchen hat Merkel zwar den europäischen Krisenländern diktiert, sich in Deutschland aber zurückgehalten. Manches wurde sogar verbessert, etwa die unselige Praxisgebühr wurde wieder abgeschafft, und jetzt soll es für langjährig Versicherte einen früheren Renteneintritt geben. Aber das Problem wachsender Altersarmut bleibt damit ebenso ungelöst wie die immer größere gesellschaftliche Kluft bei der Verteilung von Einkommen und Vermögen. Die Kanzlerin lässt einfach laufen und lächelt, das ist ihre Politik.

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