EU-Postliberalisierung muss gestoppt werden!

Presseerklärung von Sahra Wagenknecht vom 11. Juli 2007

11.07.2007

Zur Entscheidung des Europäischen Parlaments, das Briefmonopol bis 2011 endgültig abzuschaffen, erklärt die Europaabgeordnete der Partei DIE LINKE, Sahra Wagenknecht:

Schon wieder wurde eine Entscheidung gegen die Interessen der europäischen Bevölkerung getroffen. Obwohl Umfragen zufolge 77 Prozent der Europäerinnen und Europäer mit ihren Postdiensten zufrieden sind, soll nun auch noch die Sammlung und Auslieferung von Postsendungen unter 50 Gramm der Konkurrenz unterworfen werden. Dabei hat schon die bisherige Postliberalisierung zehntausende Arbeitsplätze gekostet und Lohn- und Sozialdumping europaweit vorangetrieben. Der von der Linksfraktion eingereichte Antrag auf Zurückweisung des Liberalisierungsvorhabens fand erwartungsgemäß keine Mehrheit im Europaparlament - die großen Fraktionen hatten sich im Vorfeld der heutigen Abstimmung auf den faulen Kompromiss verständigt.

Dank des Protestes von Beschäftigten und Gewerkschaften ist es immerhin gelungen, das Tempo der Liberalisierung zu bremsen. Schließlich sah der ursprüngliche Plan der EU-Kommission vor, das Briefmonopol schon bis Ende des Jahres 2009 zu kippen. Um die Postliberalisierung trotz des heutigen Votums doch noch gänzlich zu stoppen, muss nun vor allem der Druck auf jene Regierungen verstärkt werden, die sich als Vorreiter der unsozialen Deregulierungspolitik profilieren. Hierzu zählt vor allem die deutsche Regierung, die aufgrund der starken Position der Deutschen Post AG ganz besonders an der Öffnung und Eroberung neuer Märkte interessiert ist.

Die angestrebte Liberalisierung wird nur wenigen großen Versandunternehmen nutzen - zu den Verlierern zählen dagegen neben den Kundinnen und Kunden der Post auch die kleineren und mittleren Unternehmen ebenso wie die Postangestellten. Schließlich ist ein flächendeckender, kostengünstiger und qualitativ hochwertiger Universaldienst mit dem Interesse privater Konzerne an Profitmaximierung nicht vereinbar. Und was spricht eigentlich dagegen, die Überschüsse aus profitableren Versandgeschäften zu nutzen, um auch die Menschen in dünn besiedelten und ärmeren Regionen mit Briefkästen und Postfilialen zu versorgen? Wem nützt die vom konservativen Berichterstatter Ferber angepriesene "Differenzierung" in zuverlässige, schnelle und entsprechend teure Postdienstleistungen einerseits und eine "Schneckenpost" für Arme andererseits?

Die Linke wird jedenfalls weiter dafür kämpfen, dass die Post in Europa als ein Wirtschaftszweig, der insbesondere auf gut funktionierende Versorgungsnetze angewiesen ist, dem Wettbewerb entzogen und in öffentlichem Eigentum unter demokratischer Kontrolle organisiert wird!

Strasbourg, den 11. Juli 2007
Sahra Wagenknecht, MdEP