Sahra Wagenknecht

Europas Schande

Artikel von Sahra Wagenknecht, erschienen im Neuen Deutschland am 15.07.2013

15.07.2013

Die Kürzungsdiktate zerstören die Wirtschaft in den Krisenstaaten und vernichten Millionen Arbeitsplätze. Nun will Wirtschaftsminister Rösler auch noch die talentiertesten Jugendlichen aus Südeuropa abwerben. Mit Solidarität hat das nichts zu tun.

Die Europäische Union (EU) hat seit der Krise 4,5 Billionen Euro in Schrottbanken gepumpt, statt Eigentümer und Gläubiger in Haftung zu nehmen. Die Wirtschaft in den Krisenstaaten wurde gleichzeitig über Kürzungsdiktate zerstört.

Damit schafft die EU eine verlorene Generation. Etwa ein Viertel der Jugendlichen ist ohne Arbeit. In den Krisenstaaten schwankt dieser Wert zwischen 30 Prozent in Irland, 42 Prozent in Portugal, 56 Prozent in Spanien und aktuell 62 Prozent in Griechenland. Das ist eine Schande. Die Demokratie wird unter der Diktatur der Finanzmärkte begraben und die Jugend um ihre Zukunft betrogen.

Die Abwerbeinitiative des Bundeswirtschaftsministers Philipp Rösler (FDP) ist daher zynisch. Erst zerstören Barroso, Merkel & Co die Wirtschaft in den Krisenstaaten und vernichten Millionen Arbeitsplätze, dann werden die talentiertesten Jugendlichen abgeworben. Es geht der Bundesregierung nicht darum, junge Menschen zu unterstützen, die ihren Horizont erweitern und aus freien Stücken eine gute Arbeit in Berlin, Paris oder Madrid suchen. Es geht um Migration aus Not. Von dem »Angebot« des Wirtschaftsministers profitieren wieder einmal Unternehmen: De facto sollen schlecht bezahlte Praktika und Lehrstellen über Lohnkostenzuschüsse aus nicht abgerufenen EU-Mitteln beziehungsweise Steuergeldern subventioniert werden.

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