Kriminelle Vereinigung. Ermittlungen gegen Deutsche Bank

Gastkommentar von Sahra Wagenknecht, erschienen in der jungen Welt am 17.12.2012

18.12.2012

»Was ist der Einbruch in eine Bank gegen die Geschäftspraxis einer Bank?«, könnte man in Anlehnung an Bertolt Brecht fragen, wenn man sich die Skandale der Deutschen Bank in den letzten Jahren vor Augen führt. Ob es um Steuerhinterziehung oder Geldwäsche geht, um Zinsbetrug oder Bilanzmanipulation, um die Abzocke klammer Kommunen und Häuslebesitzer oder um das Abgreifen von Steuergeldern im Zuge der Bankenrettung – immer mischt die Deutsche Bank an vorderster Stelle mit. Den Schaden tragen die Steuerzahler und die Kunden der Bank, und das nicht zu knapp. Allein der Verlust, der sich für deutsche Steuerbürger aus dem Umsatzsteuerbetrug im Zusammenhang mit Kohlendioxid­emissionsrechten ergibt, soll sich auf 850 Millionen Euro belaufen. Um diese Vorwürfe zu klären, fand vergangenen Mittwoch eine Razzia statt, bei der die Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt und mehrere Büros von Ermittlern durchsucht wurden. Ob die Untersuchung in eine gerechte Strafe mündet, ist jedoch mehr als fraglich – schließlich verfügt die Deutsche Bank über beste Beziehungen zu Bundes- und Landesregierungen.

Ohne diese Kontakte in die Chef­etagen der Politik wäre die Deutsche Bank heute wohl schon Geschichte. Denn nach den Regeln der Marktwirtschaft hätte sie im Zuge der Finanzkrise Konkurs anmelden müssen. Statt dessen frisierte sie ihre Bilanzen schön, durfte sich die lukrative Postbank einverleiben und profitierte in großem Stil von der Rettung anderer Banken und Versicherungen sowie von der Manipulation von Zinssätzen am Interbankenmarkt. Wegen der falschen Bilanzierung von Kreditausfallversicherungen hat ein ehemaliger Mitarbeiter die Deutsche Bank jetzt übrigens bei der US-Finanzaufsicht angezeigt. Derselbe Analyst namens Eric Ben-Artzi hat außerdem seine Bereitschaft erklärt, mit dem Aufsichtsrat der Deutschen Bank, mit Aufsichtsbehörden und Bundestagsabgeordneten zu sprechen, um die Wahrheit über das Verhalten der Deutschen Bank während der Finanzkrise ans Licht zu bringen.

Der Bundestag sollte dieses Angebot aufgreifen und dem öffentlichen Interesse an einer Aufarbeitung krimineller Aktivitäten der Finanzbranche entsprechen. Es wäre sinnvoll, eine parlamentarische Anhörung zur Geschäftspraxis der Deutschen Bank durchzuführen – auch um zu klären, welche Kenntnisse unmittelbar und mittelbar mit der Aufsicht befaßte Institutionen (z.B. BaFin, Bundesbank, Bundesministerium der Finanzen) von diesen Vorgängen hatten. Anschließend sollte der Bundestag über die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses entscheiden.

Deutschland zählt zu den Ländern, in denen die Verflechtungen zwischen Banken und Politik besonders eng, die Kosten der Bankenrettung besonders hoch und die Strafen für Finanzkriminalität besonders milde sind. Es ist an der Zeit, dies zu ändern.