Sahra Wagenknecht

"Konsequent antikapitalistisch" - Auszüge der Rede Sahra Wagenknechts auf der Konferenz "Kurs halten!" vom 08.10.2011 in Berlin

Rote Haltelinien – jW dokumentiert auszugsweise die Rede der stellvertretenden Vorsitzenden der Partei Die Linke, Sahra Wagenknecht, zum Programmentwurf

10.10.2011

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Das ist in seiner Grundsubstanz ein konsequent linker, konsequent antineoliberaler, konsequent antikapitalistischer und konsequent antikriegsorientierter Programmentwurf.

(…) Das ist ja keine Selbstverständlichkeit, sondern etwas, das Die Linke von allen anderen Parteien unterscheidet. Das heißt auch, daß wir natürlich eine Politik des »Wir gegen alle anderen« machen. Nicht, weil wir uns das wünschen, sondern weil das die objektive Situation ist. Es gibt ja immer wieder auch Leute, die dann meinen, das sei doch eine falsche Geste: Wir gegen alle.

Aber denjenigen, die so argumentieren, scheint nicht aufzufallen, daß wir gleichzeitig auch die Situation haben: Alle gegen uns. Denn immer, wenn es gegen uns geht, sind sie sich wunderbar einig. Da gibt es zwischen Grünen und SPD, CDU und FDP kaum einen Unterschied. Daß das so ist, hat natürlich Gründe. Das hat schlicht und ergreifend seine Gründe darin, daß alle diese Parteien – dieses rosa-grün-gelb-schwarze, mehr oder weniger Parteienkartell – in der Grundsubstanz, in der Grundorientierung ihrer Politik, sich gar nicht mehr wesentlich unterscheiden (...)

Daß beispielsweise dieser irre Sozialabbau, diese Zerstörung sozialer Grundfesten auch in Deutschland, daß dafür SPD und Grüne ganz genau so verantwortlich sind wie CDU und FDP. Denn sie alle haben dabei mitgemacht, sie alle haben sich daran beteiligt, die Arbeitslosenversicherung zu zerschlagen, durch Hartz IV zu ersetzen. (…) Sie alle waren daran beteiligt, den Arbeitsmarkt zu deregulieren und damit die Grundlage dafür zu schaffen, daß in Deutschland immer mehr Menschen von ihrer Arbeit nicht mehr leben können, weil wir immer mehr Hungerlohnjobs haben, immer mehr Billigjobs, immer mehr ungesicherte Arbeitsverhältnisse. Da waren sie alle dabei und haben alle mitgemacht – außer der Linken.

(…) Wenn wir als Linke unsere Forderungen formulieren, daß wir wollen, daß Menschen von ihrer Arbeit wieder leben können, dann stehen wir mit solchen Forderungen gegen alle. Wenn wir beispielsweise ganz klar sagen: Wir wollen Leiharbeit verbieten, weil das eine moderne Form der Sklaverei ist, dann stehen wir damit gegen alle anderen Parteien. Wenn wir sagen: Wir wollen keine Hungerlohnjobs, wir wollen keine Hartz-IV-Drangsaliererei, und wir wollen auch keinen Riester-Schwachsinn.

(…) Mit diesen Forderungen, und natürlich auch mit der Forderung nach einem Mindestlohn von zehn Euro – keiner von denen will einen Mindestlohn von zehn Euro, und es ist ja immer noch wenig, aber wenigstens das –, auch damit stehen wir allein. (...)

Der zweite Punkt – das ist für uns alle, glaube ich, wirklich ein Kernbestandteil dieses Programmentwurfs – daß Die Linke ohne Wenn und Aber eine klare Antikriegspartei ist. Und daß wir deutlich sagen: Wir müssen nicht im Einzelfall prüfen, ob man Menschenrechte vielleicht doch herbeibomben kann. Sondern wir sind überzeugt: Krieg ist die größte Menschenrechtsverletzung, und mit Krieg wird nie ein Problem gelöst. Das steht auch im Programm, daß wir sehr deutlich sagen: Dieses ganze Humanitätsgerede, was steht da eigentlich dahinter, was sind eigentlich die ökonomischen Interessen hinter diesen Kriegen?

Keine andere Partei außer der Linken redet über diese ökonomischen Interessen. Und das Schlimme ist, auch in der Kriegsfrage sind sich alle anderen Parteien mehr oder weniger einig. (…) Seit der Erfahrung im Libyen-Krieg muß man sich fragen, wer hier der freudigere, wer hier der größere Kriegsanhänger ist in diesem Parteienkartell. Wir haben ja immerhin erlebt, daß ein FDP-Außenminister sich enthalten hat und dann Grüne und SPD Kritik formuliert haben, weil sie am liebsten auch in Libyen mitbomben und sich beteiligen wollten. Ja, das sind doch keine Parteien, die in dieser Aufstellung Partner für uns sein können!

Deshalb, glaube ich, ist es so wichtig, daß im Programmentwurf nach wie vor Haltelinien formuliert wurden.