Sahra Wagenknecht

Warum ist Oskar Lafontaine so nervös, Frau Wagenknecht?

Interview mit Sahra Wagenknecht, erschienen in BILD am 15.07.09

15.07.2009
Interview: Franz Solms-Laubach

Sie ist die schönste Kommunistin der Linkspartei – Sahra Wagenknecht (39). Innerhalb der Linken ist sie aber umstritten. Wagenknecht ist Mitglied der Kommunistischen Plattform der Partei, gilt als Hardlinerin.

So stellt sich die Linken-Politikerin etwa gegen einen „Schmusekurs" ihrer Partei mit der SPD. Im Interview mit BILD.de erklärt Wagenknecht die Pöbel-Attacke Oskar Lafontaines im Sommerinterview des ZDF.

BILD: Frau Wagenknecht, die Linke ist trotz der anhaltenden Finanzkrise nicht in der Lage, im Superwahljahr zu punkten. Ist Ihr Parteivorsitzender Oskar Lafontaine deshalb so nervös?

Sahra Wagenknecht: Oskar Lafontaine bringt einfach nur auf den Punkt, was unbestreitbar ist: Die Medien ignorieren vielfach unsere politischen Inhalte. Das nervt. Nervös macht es uns nicht.

Ist Lafontaine denn ein glaubwürdiger Linker?

Anders als andere Sozialdemokraten ist er sich treu geblieben. Beim Bruch mit Schröder hat er gesagt: „Mit mir gibt es keinen Krieg im Kosovo und mit mir gibt es keinen sozialen Raubbau." Heute sagt er: „Mit mir gibt es keine Fortsetzung des Krieges in Afghanistan und mit mir gibt es kein Hartz IV." Das ist eine klare Linie.

Wie steht es mit der Unterstützung für Lafontaine an der Parteibasis?

Er spielt eine ganz zentrale Rolle in der Partei. Vor allem beim Aufbau der Linken im Westen. Aber: Er ist nicht der einzige Repräsentant der Linken. Mit Gregor Gysi und Oskar Lafontaine haben wir bewusst eine Doppelspitze der Fraktion gewählt. Dabei ist es allerdings nicht zentral, dass der eine eine West- und der andere eine Ost-Biografie hat. Es geht um die politischen Inhalte. Und die sind im Wesentlichen identisch.

Ihre Botschaft kommt aber beim Wähler nicht an. Woran liegt das?

Werte um die zehn Prozent sind doch kein schlechtes Ergebnis. Davon hätte die PDS früher geträumt. Wir haben es geschafft, eine Partei links der SPD zu etablieren. In einer Krise setzen viele Menschen auf Sicherheit, die sie eher konservativen Parteien zutrauen. Fälschlicherweise.

Was ist Ihre Strategie dagegen?

Immer mehr Menschen sind unzufrieden und wenden sich angewidert vom eingefahrenen Politikbetrieb ab. Sie spüren, dass sie von den etablierten Parteien über den Tisch gezogen werden. Ihnen wollen wir deutlich machen: Nicht wählen ändert nichts, eine Stimme für die Linke dagegen erzeugt Druck.

Aber Sie verlieren ja im Moment eher an Zustimmung, als dass Sie gewinnen.

Wer die Linke wählt, wählt keine potenzielle Regierungspartei. Aber je stärker wir werden, desto weniger soziale Untaten wird eine künftige Bundesregierung sich trauen. Ob sie den Menschen etwa eine weitere Mehrwertsteuererhöhung zumuten wird, um ihre verantwortungslose Bankenrettung zu finanzieren, wird auch von unserem Ergebnis abhängen.