Sahra Wagenknecht

Rürup vs. Wagenknecht: In ein schwarzes Loch zahlen

Streitgespräch erschienen in Euro am Sonntag am 14.06.2013

15.06.2013
Interview: Martin Reim

Rentenreformer Bert Rürup und Linkspartei-Vize Sahra Wagenknecht diskutieren über Finanzmärkte und Altersvorsorge, Umverteilung von Arm zu Reich, Verschwörungstheorien — und Ideen à la DDR.

Obwohl beide regelmäßig in Talkshows auftreten, sind sie noch nie zusammengetroffen. Dabei ist es eigentlich naheliegend, Bert Rürup und Sahra Wagenknecht für ein Streitgespräch über die Rente einzuladen.

Der Wissenschaftler ist einer der Väter der privaten Altersvorsorge mit staatlicher Förderung, beispielsweise in Form des Riesterns; die primär für Selbstständige konzipierte Rürup-Rente trägt sogar seinen Namen. Die Politikerin ist Galionsfigur der privatisierungskritischen Linkspartei. Entsprechend heftig zur Sache ging es in der Berliner Niederlassung des Wirtschaftsforschungsinstituts DIW, dessen Kuratorium Rürup leitet.

€uro am Sonntag: Frau Wagenknecht, kaum etwas kritisiert Ihre Partei so ­heftig wie die staatliche Förderung der privaten Altersvorsorge. Ihnen gegenüber sitzt einer der Erfinder dieses ­Systems. Was wollten Sie ihm schon ­immer einmal sagen?
Sahra Wagenknecht:
Die Rentenreformen, die Sie mitverantwortet haben, sind verantwortungslos. Sie führen zu einer massiven Zunahme der Altersarmut und machen nur die Versicherungswirtschaft reich. Millionen Menschen um einen ge­sicherten Ruhestand zu bringen ist schon ein soziales Verbrechen.

Bert Rürup: Na, geht’s nicht eine Nummer kleiner? Derzeit ist Altersarmut kein gesellschaftlich relevantes Problem. Es gibt 436.000 Personen, das sind 2,6 Prozent der über 64-Jährigen, die einen Anspruch auf Grundsicherung im Alter haben. Sehr viele davon haben nie etwas in die Rentenkasse gezahlt.

Wagenknecht: Laut unabhängigen Statistiken steht Deutschland bei der Absicherung von Geringverdienern im Alter besonders mies da. Und viele junge Leute hangeln sich heute von Befristung zu Befristung. Mal verdienen sie besser, dann wieder schlecht oder sind arbeitslos. Nach so einer Erwerbsbiografie ist Altersarmut programmiert. Das darf man nicht hinnehmen, zumal es Alternativen gäbe.

Welche?
Wagenknecht:
Wir müssen die gesetzliche Rente wieder stärken. Auch Selbstständige und Beamte sollten einzahlen. Und es sollte eine Erhöhung der Rentenbeiträge zugelassen werden.

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