Sahra Wagenknecht

Islands Beispiel folgen!

Kommentar von Sahra Wagenknecht in der Zeitung "junge welt" vom 19.03.2013

20.03.2013

Das herrschende Krisenmanagement führt Europa immer tiefer ins Chaos. Allein der Plan, Kleinsparer abzukassieren, wird früher oder später zu einem Bank-Run in anderen Euro-Ländern führen. Denn wer vertraut künftig noch einer EU-Einlagensicherung, die angeblich bis zu 100000 Euro garantiert, im Ernstfall aber nicht funktioniert? Das Sichere ist nicht mehr sicher. Die da oben können nicht mehr und die unten wollen nicht mehr.

»Stop the cuts, cut the debt, tax the rich«: Der Ruf nach dem sofortigen Ende der Kürzungspolitik, einem Schuldenschnitt und Reichensteuern ist in Europa nicht mehr zu überhören. Auch in Zypern lehnt eine große Mehrheit der Bevölkerung das von Brüssel und Berlin diktierte »Rettungsprogramm« ab. Es wird immer schwieriger, die Kombination aus Kürzungsdiktaten, Privatisierungen und Zwangsabgaben von Parlamenten abnicken zu lassen.

Auch in Deutschland ist die Zustimmung des Bundestags zum Zypern-»Rettungspaket« nicht gesichert. Zumal die Verlogenheit der Rettungspolitik immer deutlicher wird. Mit der Begründung, daß man die Spareinlagen der kleinen Leute sichern müsse, haben die europäischen Regierungen in den vergangenen Jahren etwa 4,5 Billionen Euro in die Rettung ihrer Banken gesteckt. Doch wie das Beispiel Zypern zeigt, ging es bei der Bankenrettung nie um die Ersparnisse der Bevölkerung. Nun sollen die einfachen Bankkunden in Zypern geschröpft werden, um ein überdimensioniertes und absurdes Finanzsystem zu retten.

Daß es zu dieser Politik Alternativen gibt, zeigt das Beispiel Island. Dort hat sich die Bevölkerung geweigert, für die Schulden der Banken zu bluten. Die ausländischen Gläubiger gingen leer aus, die Banken gingen in Konkurs, wurden anschließend vom Staat übernommen und kleinreguliert. Es wäre gut, wenn diese isländische Lösung in Zypern und anderen Ländern Schule machen würde. Statt die Besitzer großer Geldvermögen zu retten, sollte man die Spareinlagen der normalen Bevölkerung sichern. Um Verluste auszugleichen und den zypriotischen Bankensektor zu rekapitalisieren, müßten die Eigentümer und Gläubiger der Banken in die Pflicht genommen und Bankeinlagen über 500 000 Euro gepfändet werden. Das ist der einzige Weg, um dem Land eine Perspektive zu sichern und das Chaos zu beenden.

Konzerne und Superreiche haben jahrelang vom zypriotischen Finanzparadies profitiert. Da ist es nur billig, wenn sie auch für den Schaden aufkommen. In ganz Europa sollten die Schulden, die den Staaten durch die Bankenrettung entstanden sind, gestrichen werden. Ein solcher Schuldenschnitt muß zu Lasten der privaten Banken, Hedgefonds und Spekulanten erfolgen und die Kleinsparer verschonen. Unsoziale Kürzungen wären dann überflüssig. Was wir brauchen, ist eine Politik, die endlich den Mut aufbringt, den Zockern das Handwerk zu legen.